FMEA: Agile FMEA Erstellung


Agile FMEA Erstellung. Passt Agilität & FMEA überhaupt zusammen?

Einleitung

Wie eine exzentrische Modeerscheinung wird der Begriff “agil” seit einiger Zeit furchtbar überbeansprucht und dient in so ziemlich jedem Zusammenhang als Worthülse und Phrase in seiner missbräuchlichsten Form (buzzword). Der Wunsch nach agilen Unternehmen, Agilität und agilem Arbeiten sind allgegenwärtig, und doch wissen wir alle: ganz schön agil ist meist nur die eigene Großmutter! Steckt aber in dieser ausgeleierten Triebfeder nicht doch nur der berechtigte Wunsch nach besseren und effektiveren Abläufen in den verschiedensten Unternehmensbereichen und Projekten? Was genau heißt “agil” und vor allem, was bedeutet “agil” im Kontext von Unternehmen und der Methode FMEA? Ist “agil” in diesem Zusammenhang doch nicht nur ein falsch verwendetes und missbrauchtes “buzzword”?

Definition Agilität & FMEA

Agilität in diesem Zusammenhang bedeutet, im Produktentstehungsprozess, früh (10er Regel) und kontinuierlich (KVP) produktiv nutzbare, qualitativ hochwertige Ergebnisse inform der FMEA zu liefern.

“…die Fähigkeit der Informationsfunktion eines Unternehmens, Vorbereitungen zu treffen, um auf wechselnde Kapazitätsansprüche sowie veränderte funktionale Anforderungen sehr schnell, möglichst in Echtzeit, zu reagieren sowie die Möglichkeiten der Informationstechnologie derart nutzen zu können, dass der fachliche Spielraum des Unternehmens erweitert oder sogar neu gestaltet werden kann.”1

Warum agil in der FMEA arbeiten?

Es herrscht Einigkeit darüber, dass Agilität Transparenz schafft und vor allem durch eine Aufgabenteilung und durch effektive FMEA Sprints eine für jeden spürbar geringere Arbeitsbelastung beim Erstellen einer FMEA entsteht. Der individuelle Stress wird damit gesenkt, die Entscheidungsfähigkeit in der Organisation beschleunigt, die Motivation der Mitarbeiter durch größere Mitverantwortung erhöht, und letztlich wird auch der Kunde schneller und mit häufig besseren Ergebnissen aus der FMEA zufriedengestellt.

Was zeichnet eine “Agile FMEA Erstellung” aus

  • Schnelligkeit
  • Flexibilität
  • Dynamik
  • Vernetzung
  • Vertrauen
  • Selbstorganisation
  • Transparenz
  • Konsequenz
  • Zielerreichung

Schnelligkeit

Problematik: Tatsächlich finden sich auch heute noch Unternehmen wieder, welche die FMEA ohne nennenswerte Hilfsmittel zu dokumentieren versuchen; “über den Einsatz einer Software wolle man in Zukunft nachdenken”.
Ziel: In nahezu jedem anderen Bereich machen wir uns Gedanken, wie Prozesse und Abläufe beschleunigt und optimiert werden können, aber in einem Bereich, der Mitarbeiter tendenziell lange bindet und beschäftigt, versucht man immer noch ein Fleißbienchen zu verdienen indem man völlig erkenntnisfern Excel-Zellen im FMEA Formblatt hin- und herkopiert. Und das obwohl diverse mehr oder weniger praktische Softwarelösungen am Markt erhältlich sind, in jedem Fall aber immer eine enorme Zeitersparnis für die Nutzer bedeuten.

Flexibilität

Problematik: FMEA Moderationen werden akribisch geplant, was enorm viel Zeit kostet. Selbst der beste Plan übersteht nur selten die ersten Augenblicke der FMEA Moderation. Die Umstände haben sich geändert, die Teilnehmer und Wissensträger haben kurzfristig abgesagt, etc.
Ziel:
Durch erweiterte Verantwortung und eine veränderte Rollen- und Aufgabenverteilung können sich die Gruppen selbst und flexibel organisieren. Dies geschieht häufig schneller und effektiver. Das Thema Flexibilität wird an vielen anderen Stellen bereits ausreichend thematisiert und findet seine Berechtigung gleichwohl in der FMEA.

Dynamik

Problematik: In der Regel laufen FMEA Moderationen nach dem selben festen Schema ab, indem der FMEA Moderator nacheinander die Teammitglieder befragt und deren Input selbst im Formblatt weiterverarbeitet. Bei beispielsweise 6 Entwicklern, steht jedem Mitarbeiter lediglich eine sehr geringe Zeit zur Verfügung um Beiträge zu leisten; der Moderator wird jedem Einzelnen im FMEA Team nicht gerecht.
Ziel: Eine dynamische bzw. agile FMEA kann parallel auf mehreren Ebenen bearbeitet werden und jeder kann selbst die verabschiedeten Beiträge hinzufügen. Der Moderator steht auch weiterhin als Methodenspezialist für die tiefere Ursachenforschung zur Verfügung, nicht aber als Lektor für das FMEA Team.

Vernetzung

Problematik: Nach wie vor denken und handeln Unternehmen in Projekten und Budgets. Hierdurch entstehen oft Redundanzen, auch was die Verantwortlichkeiten betrifft. In den meisten Firmen aber entwickeln sich die Produkte und Prozesse jedoch ständig weiter, trotzdem wird durch die projektgetriebene Arbeitsweise das Rad dabei oft neu erfunden.
Ziel: Die konsequente Umsetzung von Agilität bedeutet eine vernetzte Zusammenarbeit anzustreben und Überschneidungen und Redundanzen zu vermeiden (bspw. durch Basis- und Varianten-FMEA).

Vertrauen

Problematik: Oftmals ist der FMEA Moderator der einzige, der ausführliche FMEA Kentnisse hat und eine FMEA Software bedienen kann. Folglich kann und darf nur er Inhalte in die FMEA hinzufügen.
Ziel: Das Vertrauen und die Fähigkeit, die FMEA mit Elementen und fundiertem Wissen zu erweitern, sollte sämtlichen Mitarbeitern und Projektgruppen zugestanden werden. Sind die Mitarbeiter für die FMEA nicht befähigt, kann geschult werden. Verfügen diese nicht über ausreichendes Wissen, sind sie falsch im FMEA Team. Schenkt man Ihnen kein Vertrauen, sind diese im falschen Unternehmen…

Selbstorganisation

Problematik: Selbst langjährige Praktiker und FMEA Teammitglieder kommen oft unvorbereitet in FMEA Sitzungen mit einer Erwartungshaltung, erst dort würde man Ihnen erklären, welche Dokumentationen, Spezifikationen, Daten, etc. für die “neue” FMEA von Bedeutung wären.
Ziel: Das Fehlen von Unterlagen ist gleichwohl nervenaufreibend sowie zeitaufwendig, werden diese erst zur nächsten Sitzung zur Verfügung gestellt. Grundlegendes Wissen und verfügbare Daten sollten stets präsent sein um Wartezeiten zu vermeiden und seine eigene Beitragsfähigkeit zu optimieren.

Transparenz

Problematik: FMEA Teams betreiben häufig eine ungeliebte Geheimwissenschaft in abgeschotteten Besprechungsräumen, angeführt von Ihrem Moderator und Meister. Und wenn wir ehrlich sind, genau so finden wir das auch in Ordnung und werden hoffentlich nicht mit der FMEA konfrontiert und in diesen Zirkel hineingezogen…
Ziel: Der aktuelle Stand der FMEA ist für alle jederzeit live einsehbar und transparent. Der Fortschritt der FMEA ist also unmittelbar und für jeden nachvollziehbar und Beiträge des Einzelnen können jederzeit ergänzt werden. Voraussetzung hier ist jedoch eine allgemein geschulte Methodenkompetenz zur FMEA.

Konsequenz

Problematik: Ohne entsprechendes Konzept und eingesteuerte Strukturen durchläuft die FMEA immer wieder Wellenbewegungen von Phasen niedrigen Interesses zu Phasen von erhöhtem Interesse und dies immer nur dann, wenn ein Audit bevorsteht oder ein wichtiger Kunde um Einsichtnahme bittet.
Ziel: Die konsequente Umsetzung von Agilität bedeutet also in den meisten Fällen auch einen Wandel der Unternehmenskultur zur Erreichung der Unternehmens- und FMEA Ziele durch geplante und konsequente Arbeit mit der FMEA unter Ausnutzung ihrer wahren Stärke als entwicklungsbegleitende Methode und nicht lediglich als Methode zum fleißigen Ausfüllen von Formblättern.

Zielerreichung

Problematik: Manchmal hat man das Gefühl der FMEA Moderator fühlt sich für die FMEA Ergebnisse ganz alleine verantwortlich. Hinzu kommt noch, dass der Projektleiter eine FMEA ausschließlich für den Kunden und Auditor benötigt. Selbst nach vielen zähen FMEA Sitzungen / FMEA Moderationen, kennen viele Mitarbeiter den wahren Wert und die wahren Ergebnisse eine FMEA nicht.
Ziel: Das mit FMEA aufgebaute Unternehmenswissen, der aus agiler Produkt- und Prozessentwicklung gewonnene Wettbewerbsvorteil, ist ein immaterieller Vermögenswert des Unternehmens, der signifikant beiträgt, die FMEA- und Unternehmensziele zu erreichen.

Wie in vielen anderen Bereichen liegt die Wahrheit und das Optimum zwischen klassischem FMEA Ansatz und einer agilen Herangehensweise irgendwo dazwischen. Um es auf eine einfache Formel zu bringen und ein weiteres Modewort zu bemühen, sagen wir:

Klassisch + Agil = Hybrid

Ob es nun ein agiler Ansatz ist FMEA zu machen, oder eine hybride Mischform, in jedem Fall ist eine kooperative Herangehensweise, bei der jedes FMEA Teammitglied in eigener Verantwortung und eigenem Interesse die Erstellung der FMEA unterstützt und so den bestmöglichen Nutzen aus dieser Methode für das Projekt und das Unternehmen erzeugt, die für jeden Beteiligten vorzuziehende Alternative.

1 Quelle: https://agile-unternehmen.de/was-ist-agil-definition/

OPEX – Operational Excellence